Eigentum und Gesetz

Das Vertrauen meiner Mitbürger hat mir den Titel Gesetzgeber verliehen.

Diesen Titel hätte ich sicherlich abgelehnt, wenn ich ihn so verstanden hätte wie Rousseau.

Wer es zu unternehmen wagt, einem Volk Verfassungseinrichtungen zu geben“, sagt er, „muss sich in der Lage fühlen, sozusagen die menschliche Natur zu ändern, jedes Individuum, das für sich ein vollkommenes und für sich stehendes Ganzes ist, in einen Teil eines größeren Ganzen zu verwandeln, von dem dieses Individuum gewissermaßen sein Leben und seine Existenz empfängt; die körperliche Verfassung des Menschen zu ändern um sie zu stärken, etc., etc… Wenn es wahr ist, dass ein großer Fürst selten ist, wie selten ist dann erst ein großer Gesetzgeber! Der erstere muss nur dem Entwurf folgen, den der andere vorlegen muss. Der eine ist der Ingenieur, der die Maschine entwirft, der andere nur der Arbeiter, der sie montiert und zum laufen bringt.

Rousseau, überzeugt, dass der gesellschaftliche Zustand eine menschliche Erfindung ist, musste das Gesetz und den Gesetzgeber sehr hoch ansiedeln. Zwischen dem Gesetzgeber und dem Rest der Menschen sah er den Abstand oder vielmehr den Abgrund, der den Ingenieur von der trägen Materie trennt, aus der die Maschine gemacht ist.

Nach ihm muss das Gesetz die Personen ändern, Eigentum schaffen oder nicht schaffen. Nach mir existiert die Gesellschaft, die Personen und das Eigentum vor dem Gesetz, und — um mich auf ein spezielles Thema zu beschränken — ich würde sagen: Nicht weil es Gesetze gibt, gibt es Eigentum, sondern weil es Eigentum gibt, gibt es Gesetze.

Der Gegensatz zwischen diesen beiden Systemen ist fundamental. Die Konsequenzen, die sich daraus ableiten, bilden eine unendliche Folge; es sei mir daher erlaubt, die Frage einigermaßen zu präzisieren.

Ich mache zunächst darauf aufmerksam, dass ich das Wort Eigentum in seinem allgemeinen Sinne nehme und nicht im beschränkten Sinne des Grundeigentums. Ich bedaure, und wahrscheinlich bedauern alle Ökonomen mit mir, dass dies Wort unwillkürlich in uns die Vorstellung des Grundeigentums weckt. Ich verstehe unter Eigentum das Recht, das der Arbeiter auf den Wert hat, den er mit seiner Arbeit geschaffen hat.

Dann frage ich mich, ob dieses Recht vom Gesetz geschaffen ist, oder ob es nicht im Gegenteil älter als das Gesetz ist und über ihm steht. Ob das Gesetz das Recht auf Eigentum erst schaffen musste, oder ob vielmehr das Eigentum als Tatsache und Recht vorherbestand, und das Gesetz hervorgebracht hat? Im ersten Falle hat der Gesetzgeber die Aufgabe, das Eigentum zu organisieren, zu modifizieren, selbst zu beseitigen, wenn er es für gut hält; im zweiten Falle beschränkt sich sein Beitrag darauf, es zu garantieren, ihm Achtung zu verschaffen.

In der Präambel eines Verfassungsentwurfs, der von einem der größten Denker der Neuzeit veröffentlicht wurde,  Herrn Lamennais, lese ich die Worte:

Das französische Volk erklärt, dass es die Rechte und Pflichten anerkennt, die älter als alle positiven Gesetzen sind, über ihnen stehen und von ihnen unabhängig sind. Diese Rechte und Pflichten, die direkt von Gott ausgehen, lassen sich in dem dreifachen Dogma zusammenfassen, das diese heiligen Worte ausdrücken: Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit.

Ich frage mich, ob das Recht auf Eigentum nicht zu den Dingen gehört, die weit entfernt sich aus dem positiven Gesetz abzuleiten, dem Gesetz vorhergehen und Grund seiner Existenz sind. Dies ist nicht, wie man glauben könnte, eine spitzfindige und müßige Frage. Sie ist ungeheuer wichtig, sie ist fundamental. Ihre Lösung ist für die Gesellschaft von höchstem Interesse. Davon wird man — hoffe ich — überzeugt sein, wenn ich die beiden vorliegenden Systeme in ihrem Ursprung und in ihren Wirkungen verglichen habe.

Die Ökonomen glauben, dass das Eigentum von der Vorsehung geschaffen ist wie die Person. Das Bürgerliche Gesetzbuch schafft weder das eine noch das andere. Das Eigentum ist eine notwendige Folge der menschlichen Natur.

In der ganzen Bedeutung des Wortes wird der Mensch als Eigentümer geboren, denn er wird mit Bedürfnissen geboren, deren Befriedigung für das Überleben unentbehrlich ist, mit Organen und Fähigkeiten, deren Ausübung unentbehrlich ist, um diese Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Fähigkeiten sind nur die Ausprägung der Person, das Eigentum nur die Ausprägung der Fähigkeiten. Den Menschen von seinen Fähigkeiten zu trennen, heißt, ihn sterben zu lassen, den Menschen von dem Ergebnis seiner Fähigkeiten zu trennen, heißt wiederum, ihn sterben zu lassen.

Es gibt Publizisten, die sich sehr damit beschäftigen, herauszufinden, wie Gott den Menschen hätte machen müssen: Wir hingegen studieren den Menschen, wie Gott ihn gemacht hat; wir stellen fest, dass er nicht leben kann ohne für seine Bedürfnisse zu sorgen; dass er nicht für seine Bedürfnisse sorgen kann ohne Arbeit, und dass er nicht arbeiten kann, wenn er nicht SICHER ist, dass die Frucht seiner Arbeit seinen Bedürfnissen zugute kommt.

Darum eben glauben wir, dass das Eigentum eine göttliche Einrichtung ist, und dass es seine Sicherheit oder Gesichertheit ist, die Gegenstand des menschlichen Gesetzes ist.

Es ist so wahr, dass das Eigentum älter ist als das Gesetz, dass es sogar unter den Wilden anerkannt wird, die keine Gesetze haben, oder zumindest keine geschriebenen Gesetze. Wenn ein Wilder seine Arbeit dazu verwendet hat, sich eine Hütte zu bauen, macht ihm niemand ihren Besitz oder ihr Eigentum streitig. Ohne Zweifel kann ein stärkerer Wilder ihn daraus verjagen, aber nicht ohne den ganzen Stamm in Unwillen zu versetzen und aufzubringen. Dieser Missbrauch der Gewalt ist es gerade, der die Vereinigung, die Konvention, das Gesetz hervorbringt, das die öffentliche Gewalt dem Eigentum zu Diensten stellt. Also entsteht das Gesetz aus dem Eigentum, weit entfernt davon, dass das Eigentum aus dem Gesetz hervorginge.

Man könnte sagen, dass das Prinzip des Eigentums sogar geradezu bei den Tieren anerkannt ist. Die Schwalbe versorgt friedlich ihre junge Familie in dem Nest, das sie mit eigener Mühe gebaut hat.

Selbst die Pflanze lebt und entwickelt sich durch Aneignung, durch Erwerb. Sie eignet sich Substanzen an, Gase, Salze, die in ihrer Reichweite sind. Es reicht, dies Phänomen zu unterbinden, um sie vertrocknen und vergehen zu lassen.

Ebenso lebt und entwickelt sich der Mensch durch Erwerb. Der Erwerb ist ein natürliches Phänomen der Vorsehung, nötig für das Leben, und das Eigentum ist nur der Erwerb, der durch die Arbeit zum Recht geworden ist. Wenn die Arbeit Substanzen verwertbar, erwerbbar gemacht hat, die es nicht waren, sehe ich wirklich nicht, wie man annehmen könnte, dass der Erwerb mit Recht einem anderen zugute kommen kann als dem, der die Arbeit ausgeführt hat.

Infolge dieser grundlegenden Tatsachen, notwendigen Folgen der menschlichen Natur selbst, greift das Gesetz ein. Da der Trieb nach Leben und Entwicklung den starken Menschen dazu bringen kann, den schwachen auszuplündern, und so das Recht der Arbeit zu verletzen, kam man überein, dass die Kraft aller dem gewidmet sein soll, der Gewalt vorzubeugen und sie zu hindern. Die Aufgabe des Gesetzes ist demnach, dem Eigentum Achtung zu verschaffen. Nicht das Eigentum beruht auf Übereinkunft sondern das Gesetz.

Untersuchen wir jetzt den Ursprung des entgegengesetzten Systems.

Alle unsere vergangenen Verfassungen verkünden, dass das Eigentum heilig ist, was als Ziel für eine allgemeine Vereinigung die freie Entwicklung durch die Arbeit vorauszusetzen scheint, sei es der Individuen, sei es der Teilvereinigungen. Dies schließt ein, dass das Eigentum ein Recht ist, das dem Gesetz vorangeht, weil das Gesetz nur die Aufgabe hätte, das Eigentum zu garantieren.

Aber ich frage mich, ob diese Erklärung nicht sozusagen instinktiv in unsere Grundgesetze eingeführt worden ist, als Phraseologie, als tote Buchstaben, und vor allem, ob sie grundlegende allgemeine gesellschaftliche Überzeugung ist.

Nun, wenn es wahr ist, wie man behauptet hat, dass die Literatur der Ausdruck der Gesellschaft ist, darf man in dieser Hinsicht Zweifel haben. Denn die Publizisten haben stets, nachdem sie sich respektvoll vor dem Prinzip des Eigentums verbeugt haben,  gleichwohl den Eingriff des Gesetzes gefordert — nicht um dem Eigentum Achtung zu verschaffen, sondern um das Eigentum, den Kredit und die Arbeit zu modifizieren, zu ändern, zu verwandeln, anzugleichen, zu belasten und zu organisieren.

Nun, dies setzt voraus, dass man dem Gesetz und folglich dem Gesetzgeber, absolute Macht über Personen und Eigentum zugesteht.

Wir können darüber betrübt, aber sollten darüber nicht überrascht sein.

Woher schöpfen wir unsere Ideen über diese Dinge bis hin zu der Vorstellung vom Recht? Aus lateinischen Büchern, aus dem römischen Recht.

Ich habe nicht Jura studiert, aber es reicht mir zu wissen, dass dies die Quelle unserer Theorien ist, um sicher zu sein, dass sie falsch sind. Die Römer mussten das Eigentum als eine lediglich konventionelle Tatsache betrachten, als ein Produkt, als ein künstliches Erzeugnis des geschriebenen Gesetzes. Offensichtlich konnten sie nicht, wie es die politische Ökonomie macht, bis zur Natur des Menschen selbst zurückgehen und die Beziehung und die notwendige Verkettung zwischen den folgenden Phänomenen wahrnehmen: Bedürfnisse, Fähigkeiten, Arbeit, Eigentum. Dies wäre widersinnig und Selbstmord gewesen. Wie hätten sie, die vom Raub lebten, deren ganzes Eigentum aus Plünderung kam, die ihre Existenzmittel auf die Arbeit der Sklaven gegründet haben ohne die Grundfesten ihrer Gesellschaft zu erschüttern in ihre Gesetzgebung den Gedanken einführen können, dass der wahre Anspruch auf Eigentum die Arbeit ist, die es produziert hat? Nein, sie konnten es weder sagen noch denken. Sie mussten sich auf die empirische Definition des Eigentums zurückziehen: jus utendi et abutendi, eine Definition, die nur auf die Wirkungen Bezug nimmt und nicht auf die Ursachen, nicht auf die Ursprünge; denn die Ursprünge mussten sie Wohl oder Übel im Dunkeln halten.

Der Gedanke ist traurig, dass die Rechtswissenschaft bei uns im neunzehnten Jahrhundert bei den Ideen stehen geblieben ist, die die Existenz der Sklaverei in der Antike aufbringen musste. Aber man kann es erklären. Die Rechtslehre ist in Frankreich monopolisiert, und das Monopol verhindert den Fortschritt.

Freilich beherrschen die Juristen die öffentliche Meinung nicht ganz und gar. Doch muss man zugeben, dass die klerikale und die Universitätsausbildung die französische Jugend wunderbar vorbereiten, in all diesem die falschen Vorstellungen der Juristen anzunehmen, da sie — als ob sie sicherer gehen wollte — uns alle während der zehn schönsten Jahre unseres Lebens in die Atmosphäre von Krieg und Sklaverei eintaucht, die die römische Gesellschaft umgibt und durchdringt.

Wundern wir uns also nicht, im achtzehnten Jahrhundert die römische Idee wiederkehren zu sehen, dass das Eigentum ein konventionelles Faktum ist  und eine gesetzliche Einrichtung, dass keineswegs das Gesetz aus dem Eigentum kommt sondern vielmehr das Eigentum aus dem Gesetz. Man weiß, dass nach Rousseau nicht nur das Eigentum sondern die gesamte Gesellschaft das Resultat eines Vertrages ist, einer aus dem Kopfe des Gesetzgebers hervorgegangenen Erfindung.

„Die gesellschaftliche Ordnung ist ein heiliges Recht, das allen anderen zur Grundlage dient. Gleichwohl kommt dieses Recht nicht aus der Natur. Also beruht es auf Konventionen.“

Also ist das Recht, das allen anderen zur Grundlage dient, ganz und gar konventionell. Folglich ist das Eigentum, das ein abgeleitetes Recht ist, ebenfalls konventionell. Es kommt nicht aus der Natur.

Robespierre war von den Ideen Rousseaus durchdrungen. In dem, was der Schüler über das Eigentum sagt, erkennt man bis zur Formulierung die Theorien des Meisters wieder.

Bürger, ich werde euch zunächst einige nötige Artikel vorlegen, um eure Vorstellung vom Eigentum zu vervollständigen. Dieses Wort soll niemand beunruhigen. Schmutzige Seelen, die nur am Golde hängen, ich will nicht an eure Schätze rühren, wie unrein ihre Quelle auch sei… Ich meinerseits wäre lieber in der Hütte des Fabricius als im Palast des Lucullus geboren, etc., etc.

Ich weise hier darauf hin, dass es, wenn man die Vorstellung vom Eigentum analysiert, irrational und gefährlich ist, dies Wort gleichbedeutend mit Überfluss und vorallem mit unredlich erworbenem Überfluss zu setzen. Die Hütte des Fabricius ist ebenso Eigentum wie der Palast des Lucullus. Aber es sei mir erlaubt, die Aufmerksamkeit des Lesers auf den folgenden Satz zu lenken, der das ganze System in sich schließt:

Als wir die Freiheit definierten, dieses erste Bedürfnis des Menschen, das heiligste Recht, das er von Natur hat, haben wir mit gutem Grund gesagt, dass es das Recht des anderen zur Grenze hat. Warum haben wir dies Prinzip nicht auf das Eigentum angewandt, das eine gesellschaftliche Einrichtung ist, als ob die ewigen Gesetze der Natur weniger unverletzlich wären als die menschlichen Konventionen?

Nach dieser Einleitung legt Robespierre die Prinzipien in diesen Termini fest:

Artikel 1. Das Eigentum ist das Recht jedes Bürgers, den Anteil an Gütern zu genießen und darüber zu verfügen, der ihm von dem Gesetz garantiert ist.
Artikel 2. Das Recht auf Eigentum ist, wie alle anderen, beschränkt durch die Verpflichtung die Rechte anderer zu achten.

So stellt Robespierre Freiheit und Eigentum gegeneinander. Dies sind zwei Rechte unterschiedlichen Ursprungs: Eines kommt von der Natur, das andere ist eine gesellschaftliche Einrichtung. Das erste ist natürlich, das zweite konventionell.

Dass Robespierre beiden Rechten die gleiche Schranke setzt, hätte ihn wohl zu der Auffassung führen sollen, dass beide die gleiche Quelle haben. Ob es sich um Freiheit handelt oder um Eigentum, das Recht des Anderen zu achten heißt nicht, das Recht zu zerstören oder zu ändern, sondern es zu achten und zu bestätigen. Eben weil das Eigentum ein Recht ist, das älter als das Gesetz ist, so gut wie die Freiheit, existieren sie beide nur unter der Bedingung, das Recht des Anderen zu achten. Das Gesetz hat die Aufgabe, dieser Grenze Achtung zu verschaffen, wodurch das Prinzip selbst anerkannt und aufrechterhalten wird.

Wie dem auch sei, es ist sicher, dass Robespierre — nach dem Vorbild von Rousseau — das Eigentum als eine gesellschaftliche Einrichtung betrachtete, als eine Konvention. Er verbindet es in keiner Weise mit seinem wirklichen Rechtstitel — der Arbeit. Es ist das Recht, sagt er, über den Anteil von Gütern zu verfügen, die vom Gesetz garantiert werden.

Ich brauche hier nicht zu wiederholen, dass über Rousseau und Robespierre die römische Vorstellung vom Eigentum sich auf alle unsere sogenannten sozialistischen Schulen übertragen hat. Bekanntlich ist der erste Band von Louis Blancs Werk über die Revolution eine Dithyrambe auf den Philosophen aus Genf und den Vorsitzenden des Konvents.

Also, dass das Recht auf Eigentum von der Gesellschaft eingerichtet ist, dass es eine Erfindung des Gesetzgebers ist, vom Gesetz geschaffen — mit anderen Worten, dass es dem Menschen im Naturzustand unbekannt ist — diese Idee, sage ich, hat sich von den Römern bis zu uns  fortgeerbt: über die Rechtslehre, über die klassischen Studien, die Publizisten des achtzehnten Jahrhunderts, die Revolutionäre von 1793 und die modernen Organisatoren.
 

Kommen wir nun zu den Folgen der beiden Systeme, die ich einander gegenübergestellt habe, und beginnen wir mit dem juristischen System.

Die erste Folge ist, dass es der Phantasie der Utopisten ein grenzenloses Feld eröffnet.

Das ist offensichtlich. Wenn man einmal zum Prinzip erhebt, dass das Eigentum seine Existenz aus dem Gesetz hat, gibt es ebenso viele mögliche Organisationen der Arbeit, wie es mögliche Gesetze im Kopf von Phantasten gibt. Wenn man einmal zum Prinzip erhebt, dass der Gesetzgeber damit betraut ist, Personen und ihr Eigentum zuzuordnen, zu kombinieren und nach seinem Gusto zu formen, gibt es keine Grenzen mehr für die vorstellbaren Arten nach denen die Personen und Eigentümer zugeordnet, kombiniert und geformt werden könnten. Derzeit sind sicherlich in Paris mehr als fünfhundert Entwürfe über die Organisation der Arbeit im Umlauf, eine gleiche Anzahl von Entwürfen über die Organisation des Kredits nicht zu rechnen. Ohne Zweifel widersprechen sich diese Pläne untereinander, aber allen ist gemeinsam, dass sie auf dem Gedanken ruhen: Das Gesetz schafft das Recht auf Eigentum. Der Gesetzgeber verfügt als absoluter Herrscher über die Arbeiter und die Früchte der Arbeit.

Unter diesen Entwürfen haben die von Fourier,  von Saint-Simon,  von Owen,  von Cabet,  von Louis Blanc am meisten die öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Aber es wäre töricht zu glauben, dass es nur diese fünf möglichen Organisationsformen gibt. Ihre Anzahl ist unbeschränkt. Jeder Morgen kann eine neue aufblühen lassen, verführerischer als die des Vortages — und man stelle sich vor, wie es der Menschheit erginge, wenn ihr eben eine dieser Erfindungen aufgezwungen würde und sich unterdes plötzlich eine andere noch blendendere enthüllte. Sie wäre vor die Wahl gestellt, entweder jeden Morgen ihre Existenzbedingungen zu ändern, oder für immer auf einem als falsch anerkannten Weg zu verharren, nur weil er einmal eingeschlagen ist.
 

Eine zweite Folge ist, bei allen Phantasten den Durst nach Macht zu wecken. Ich denke mir eine Organisation der Arbeit aus. Mein System vorzustellen und darauf zu warten, dass die Menschen es annehmen, wenn es gut ist, hieße ja anzunehmen, dass die Initiative bei ihnen liege. Aber in meinem System liegt die Initiative beim Gesetzgeber. „Der Gesetzgeber“, wie Rousseau sagt, „muss sich in der Lage fühlen, die menschliche Natur zu ändern.“ Also muss ich anstreben, Gesetzgeber zu werden, um der Gesellschaft die von mir erfundene gesellschaftliche Ordnung  aufzuzwingen.

Weiterhin werden offenbar alle Systeme, die auf der Idee gründen, dass das Recht auf Eigentum eine gesellschaftliche Einrichtung ist, entweder bei konzentriertesten Privilegien enden oder bei vollständigstem Kommunismus — je nach den schlechten oder guten Absichten des Erfinders. Wenn er finstere Absichten hat, wird er sich des Gesetzes bedienen, um einige auf Kosten aller zu bereichern. Wenn er philanthropischen Gefühlen folgt, wird er das Wohlergehen angleichen wollen, und hierzu wird er daran denken, zu Gunsten von jedem einen gesetzlichen und gleichen Anteil an den geschaffenen Produkten festzusetzen. Bleibt zu untersuchen, ob unter dieser Voraussetzung die Schaffung von Produkten möglich ist.

In dieser Hinsicht hat uns die Luxemburg Kommission kürzlich ein sehr außerordentliches Schauspiel geboten. Hat man nicht, mitten im neunzehnten Jahrhundert, einige Tage nach der Februarrevolution, die im Namen der Freiheit ausbrach, einen Mann, höherstehend als ein Minister, ein Mitglied der provisorischen Regierung, einen Beamten bekleidet mit einer revolutionären und unbeschränkten Autorität, kalt fragen hören, ob es in der Verteilung der Löhne gut sei, die Kraft, das Talent, die Tätigkeit, die Geschicklichkeit des Arbeiters zu berücksichtigen, das heißt den produzierten Reichtum; oder ob es nicht besser wäre, ohne die persönliche Tauglichkeit oder ihre nützliche Wirkung zu beachten, allen gleichen Lohn zu geben? Eine Frage, die darauf hinausläuft: Kostet ein Meter Tuch, das von einem Faulen zu Markte getragen wird, dasselbe wie zwei Meter, die von einem fleißigen Mann geboten werden? Und was ganz unglaublich ist, dieser Mann hat verkündet, dass er gleichen Gewinn vorzöge, was auch immer die zum Verkauf gebotene Arbeit sei, und er hat also in seiner Weisheit entschieden,  dass zwar zwei von Natur zwei seien, per Gesetz aber nur eines.

Seht, wo man hinkommt, wenn man davon ausgeht, dass das Gesetz stärker ist als die Natur.

Das Auditorium hat, wie es scheint, verstanden, dass die Natur des Menschen selbst sich gegen eine solche Willkür wenden würde; dass man niemals erreichen wird, dass ein Meter Tuch Anrecht auf die gleiche Entlohnung gibt, wie zwei Meter. Dass wenn es so wäre, man die Konkurrenz, die man abschaffen wollte, durch eine andere viel verhängnisvollere Konkurrenz ersetzen würde; dass nämlich alle wetteifern, wer am wenigsten arbeitet, wer sich am wenigsten regt, denn die Entlohnung wäre ja doch nach dem Gesetz stets garantiert und für alle gleich.

Aber der Bürger Blanc hat den Einwand vorhergesehen. Um diesem sanften far-niente  vorzubeugen, das ach! dem Menschen so natürlich ist, wenn die Arbeit nicht entlohnt wird, hat er sich ausgedacht, in jeder Kommune eine Säule aufstellen zu lassen, wo die Namen der Faulen angeschrieben wären. Aber er hat nicht gesagt, ob es Inquisitoren geben wird, um die Sünde der Faulheit zu enthüllen, Gerichte, um darüber zu urteilen und Polizisten, um den Gerichtsspruch zu vollstrecken. Es ist bemerkenswert, dass sich die Utopisten niemals mit der gewaltigen Regierungsmaschine befassen, die allein erst ihre gesetzliche Mechanik in Bewegung setzen kann.

Als sich die Delegierten der Luxemburg Kommission ein bisschen ungläubig zeigten, erschien der Bürger Vidal, Sekretär des Bürgers Blanc, der die Gedanken des Meisters zu Ende geführt hat. Nach dem Beispiel von Rousseau beabsichtigt der Bürger Vidal nichts weniger als die Natur des Menschen und die Gesetze der Vorsehung zu ändern.

Es hat der Vorsehung gefallen, in das Individuum Bedürfnisse zu legen und ihre Folgen, die Fähigkeiten und ihre Folgen, und so das persönliche Interesse zu schaffen, anders gesagt, den Instinkt der Selbsterhaltung und das Streben nach Fortschritt als die große Triebfeder der Menschheit. Herr Vidal wird all das ändern. Er sah das Werk Gottes, und er sah dass es schlecht war. Folglich wird er, nach dem Prinzip, dass das Gesetz und der Gesetzgeber alles vermögen, per Dekret das persönliche Interesse unterdrücken. Er ersetzt es durch die Ehre. Nicht mehr, um zu leben, ihre Familie zu unterhalten und aufzuziehen, arbeiten die Menschen, sondern um der Ehre zu genügen, um der fatalen Säule zu entgehen, als ob dies neue Vehikel nicht wieder das persönliche Interesse auf einem anderen Gebiet wäre.

Herr Vidal zitiert unaufhörlich, was die Ehre bei Armeen ausrichtet. Aber, ach! man muss alles sagen, und wenn man die Arbeiter einberufen will, sage man uns also, ob das Militärgesetz mit seinen dreißig Vergehen, auf die die Todesstrafe steht, das Arbeitsgesetz werden wird?

Noch auffälliger an dem unheilvollen Prinzip, das ich hier mit aller Entschiedenheit bekämpfe, ist die Unsicherheit, die es fortwährend wie ein Damokles-Schwert über der Arbeit, dem Kapital, dem Handel und der Industrie hängen lässt. Und dies ist so schwerwiegend, dass ich alle Aufmerksamkeit des Lesers zu fordern wage.

In einem Land wie den Vereinigten Staaten, wo man das Recht auf Eigentum über das Gesetz stellt, wo die öffentliche Gewalt nur die Aufgabe hat, diesem natürlichen Recht Achtung zu verschaffen, kann jeder in vollem Vertrauen sein Kapital und seine Arbeit der Produktion widmen. Er braucht nicht zu fürchten, dass seine Pläne und Überlegungen von einem Augenblick auf den anderen von der Macht des Gesetzgebers umgeworfen werden.

Aber wenn man dagegen zum Prinzip erhebt, dass nicht die Arbeit sondern das Gesetz die Grundlage des Eigentums ist, und zulässt, dass alle Utopisten ihre Überlegungen überall jedem mit der Autorität von Dekreten aufzwingen, — wer sieht dann nicht, dass man alles, was die Natur an Voraussicht und Klugheit in das Herz des Menschen gelegt hat, gegen den industriellen Fortschritt wendet?

Wo findet sich dann noch der kühne Spekulant, der wagt, eine Fabrik aufzubauen oder sich einer Unternehmung zu widmen? Gestern dekretiert man, dass man nur ein bestimmte Anzahl an Stunden arbeiten darf. Heute dekretiert man, dass der Lohn für eine solche Art Arbeit festgelegt ist — wer kann das Dekret von morgen vorhersehen, das von übermorgen, die der folgenden Tage? Wenn sich der Gesetzgeber einmal in diese unmessbare Distanz von den anderen Menschen gestellt hat, dass er allen Ernstes glaubt, über ihre Zeit, ihre Arbeit, ihre Transaktionen, all das was eben Eigentum ausmacht, verfügen zu können, welcher Mensch draußen im Lande weiß dann im Geringsten, in was für eine Zwangslage ihn das Gesetz morgen bringen wird, ihn und seinen Beruf? Und wer kann und will unter solchen Bedingungen irgendetwas unternehmen?

Ich leugne gewiss nicht, dass unter den unzählbaren Systemen, die dieses falsche Prinzip hervorsprießen lässt, viele und sogar die meisten aus wohlwollenden und edlen Absichten hervorgehen. Aber das Furchtbare ist das Prinzip selbst. Das erklärte Ziel jeder einzelnen Maßnahme ist, den Wohlstand gleich zu verteilen. Aber die offenbarste Wirkung schon des Prinzips, auf dem diese Maßnahmen beruhen, ist, das Elend gleich zu verteilen. Ich sage nicht genug: Es bedeutet, die wohlhabenden Familien auf das Niveau der elenden absinken zu lassen, und die armen Familien durch Krankheit und Unterernährung zu dezimieren.

Ich gebe zu, dass ich um die Zukunft meiner Heimat besorgt bin, wenn ich an unsere bedenklichen finanziellen Schwierigkeiten denke, die dieses gefährliche Prinzip noch erschweren wird.

Am 24. Februar haben wir ein Budget verabschiedet, dass alle Proportionen überschreitet, die Frankreich vernünftigerweise tragen kann; und außerdem nach dem jetzigen Finanzminister beinahe eine Milliarde direkt fälliger Schulden. In dieser bereits für sich alarmierenden Situation sind dazu die Ausgaben immer gewachsen und die Einnahmen immer geschrumpft.

Das ist nicht alles. Man hat zwei Sorten Versprechen mit einer maßlosen Freigebigkeit in die Öffentlichkeit geworfen. Nach den einen wird man ihr eine unzählbare Menge wohltätiger aber teurer Institutionen geben. Nach den andern wird man alle Steuern senken. So wird man einerseits die Kinderheime, die Obdachlosenstätten, die Elementarschulen, die kostenlosen weiterführenden Schulen, die Genossenschaftswerkstätten, die Renten vervielfachen. Man wird die Eigentümer von Sklaven und auch die Sklaven selbst entschädigen. Der Staat wird Kreditinstitute gründen, den Arbeitern Arbeitsmittel zur Verfügung stellen. Er verdoppelt die Armee, reorganisiert die Marine, etc., etc., und andererseits schafft er die Salzsteuer ab, den Stadtzoll und alle Abgaben, die am unpopulärsten sind.

Welche Idee man sich auch von den Ressourcen Frankreichs macht, man wird sicher zumindest zugeben, dass sich die Ressourcen entwickeln müssen, um diesem doppelten Unternehmen gewachsen zu sein, das so gigantisch ist und so widersprüchlich erscheint.

Aber hört, wie sich inmitten dieser außerordentlichen Bewegung, die vielleicht über menschliche Kräfte ginge, sogar wenn alle Energien des Landes auf produktive Arbeit gelenkt würden, ein Ruf erhebt: Das Recht auf Eigentum ist ein Erzeugnis des Gesetzes. Folglich kann der Gesetzgeber jederzeit und nach den systematischen Theorien von denen er erfüllt ist, Dekrete erlassen, die alle Planungen der Industrie durcheinander bringen. Der Arbeiter ist nicht Eigentümer einer Sache oder eines Wertes, weil er ihn durch Arbeit geschaffen hat, sondern weil das Gesetz von heute es ihm garantiert. Das Gesetz von morgen kann diese Garantie zurückziehen und dann ist das Eigentum nicht mehr legitim.

Ich frage, wo führt das hin? Kapital und Arbeit werden scheu, sie können nicht mehr auf die Zukunft zählen. Das Kapital wird unter dem Stoß einer solchen Lehre davonlaufen, sich verstecken und verflüchtigen. Und was wird dann aus den Arbeitern, diesen Arbeitern für die Ihr eine so lebhafte, so ernsthafte, aber so wenig aufgeklärte Liebe bekundet? Werden sie besser ernährt sein, wenn die bäuerliche Produktion stockt? Werden sie besser gekleidet sein, wenn niemand wagt, eine Fabrik zu gründen? Werden sie besser beschäftigt sein, wenn das Kapital verschwindet?

Und die Steuer, woher werden Sie sie nehmen? Und die Finanzen, wie werden sie sich wieder konsolidieren? Wie werden Sie die Armee bezahlen? Wie werden Sie Ihre Schulden begleichen? Mit welchem Gelde werden Sie die Arbeitsmittel bereitstellen? Mit welchen Ressourcen werden Sie die wohltätigen Institutionen unterhalten, die so leicht zu verordnen sind?

Ich beeile mich, diese traurigen Betrachtungen zu verlassen. Es bleibt mir noch übrig, das dem heute vorherrschenden entgegengesetzte Prinzip in seinen Folgen zu untersuchen: das ökonomische Prinzip, das Prinzip, welches das Recht auf Eigentum aus der Arbeit und nicht aus dem Gesetz ableitet, das Recht auf Eigentum, das Prinzip, das sagt: Das Eigentum existiert vor dem Gesetz, das Gesetz hat nur die Aufgabe, dem Eigentum überall, wo es ist, überall wo es sich bildet, Achtung zu verschaffen, wie auch immer der Arbeiter es schafft, allein oder gemeinsam, vorausgesetzt er achtet das Recht des anderen.

Zunächst, genau wie das Prinzip der Juristen die Sklaverei nicht ausschließt, enthält das der Ökonomen die Freiheit. Das Eigentum, das Recht, die Frucht seiner Arbeit zu genießen, das Recht zu arbeiten, sich zu entwickeln, seine Fähigkeiten auszuüben wie man will, ohne dass der Staat anders als durch seinen Schutz eingreift, das ist die Freiheit. ­ Und ich verstehe immer noch nicht, warum die zahlreichen Partisanen gegensätzlicher Systeme auf der Fahne der Republik das Wort Freiheit stehen lassen. Man sagt, einige von ihnen hätten es ausgelöscht, um es durch das Wort Solidarität zu ersetzen. Die sind ehrlicher und konsequenter. Nur hätten sie Kommunismus sagen müssen, und nicht Solidarität; denn die Solidarität der Interessen, wie das Eigentum, existiert außerhalb des Gesetzes.

Es impliziert auch die Einigkeit. Das haben wir bereits gesehen. Wenn der Gesetzgeber das Recht auf Eigentum schafft, gibt es für das Eigentum so viele Daseinsformen, wie Irrtümer in die Köpfen von Utopisten passen, das heißt unendlich viele. Wenn im Gegenteil das Recht auf Eigentum ein Tatbestand der Vorsehung ist, der jeder menschlichen Gesetzgebung vorhergeht; und die menschliche Gesetzgebung zum Ziel hat, ihm Achtung zu verschaffen, gibt es keinen Raum für ein anderes System.

Es ist auch die Sicherheit, und das ist völlig klar: Wenn innerhalb eines Volkes wohl anerkannt ist, dass jeder für seine Existenzmittel sorgen muss, dass aber auch jeder auf die Früchte seiner Arbeit ein Recht hat, das dem Gesetz voran und voraus geht, dass das menschliche Gesetz nur nötig war und nur eingegriffen hat, um allen die Freiheit der Arbeit und das Eigentum an ihren Früchten zu garantieren, dann ist es ganz offensichtlich, dass sich der menschlichen Tätigkeit eine Zukunft der vollständigen Sicherheit eröffnet. Sie braucht nicht mehr zu fürchten, dass der Gesetzgeber Dekret für Dekret ihre Bemühungen hemmt, ihre Überlegungen umwirft, ihre Vorausplanung aus dem Gleis wirft. Unter dem Schutz dieser Sicherheit wird sich schnell Kapital bilden. Das schnelle Anwachsen des Kapitals wiederum ist allein Ursache für das Anwachsen des Wertes der Arbeit. Die Arbeiterklassen werden also wohlhabend sein; sie selbst werden dazu beitragen, neues Kapital zu bilden. Sie werden eher in der Lage sein, sich vom Lohn zu befreien, sich zu Unternehmungen zu vereinigen; sie auf ihre Rechnung zu gründen, sich ihre Würde zurück zu erobern.

Schließlich zieht das ewige Prinzip, dass der Staat nicht Produzent sein darf, sondern den Produzenten Sicherheit bieten soll, notwendig Sparsamkeit und Ordnung in den öffentlichen Finanzen nach sich; folglich macht es alleine das gute Maß und die gerechte Verteilung der Steuerlast möglich.

In der Tat — vergessen wir das niemals — hat der Staat keine Ressourcen, die ihm zu eigen sind. Er hat nichts, er besitzt nichts als was er den Arbeitern nimmt. Also setzt er, wenn er sich in alles einmischt, die erbärmliche und teure Aktivität seiner Agenten an die Stelle der privaten Aktivität. Wenn man — wie in den Vereinigten Staaten — dahin kommt zu erkennen, dass die Aufgabe des Staates ist, allen vollständige Sicherheit zu bieten, könnte man diese Aufgabe mit einigen hundert Millionen erfüllen. Dank solcher Sparsamkeit, verbunden mit wirtschaftlichen Aufschwung, wäre es schließlich möglich, eine direkte Steuer einzurichten — eine einzige, die nur den Gewinn jeder Art besteuert.

Aber dafür muss man nur abwarten, bis — vielleicht grausame — Erfahrungen unseren Glauben an den Staat ein wenig vermindert und unseren Glauben an die Menschheit vermehrt haben.

Ich schließe mit einigen Worten über die Vereinigung für den Freihandel. Man hat ihr diesen Namen sehr übel genommen. Ihre Gegner haben sich an dem erfreut, ihre Partisanen sich an dem gestoßen, was die einen wie die anderen für einen Fehler halten.

„Warum schlafende Hunde wecken?“, sagen diese Letzteren. „Warum ein Prinzip auf Ihre Fahne schreiben? Warum beschränken Sie sich nicht darauf, für die Zolltarife die kluge und vernünftige Mäßigung zu fordern, die die Zeit nötig gemacht hat und deren Günstigkeit die Erfahrung bestätigt?“

Warum? Weil zumindest in meinen Augen der Freihandel niemals eine Frage von Zöllen und Tarifen gewesen ist, sondern eine Frage des Rechts, der Gerechtigkeit, der öffentlichen Ordnung, des Eigentums. Weil das Privileg, in welcher Form es sich auch darstellt, die Negation oder die Verachtung des Eigentums einschließt. Weil das Eingreifen des Staates, um die Vermögen anzugleichen, um den Anteil der Einen auf Kosten der anderen zu vergrößern, Kommunismus ist, so wie ein Tropfen Wasser ebenso Wasser ist wie der ganze Ozean. Weil ich vorhersah, dass das Prinzip des Eigentums, wenn es einmal in einer Form erschüttert würde, unaufhörlich in tausenderlei Weise angegriffen würde. Weil ich nicht aus meiner Zurückgezogenheit hervorgekommen bin, um eine teilweise Ermäßigung der Zölle zu erreichen —  das hätte meine Zustimmung zu dieser falschen Vorstellung, dass das Gesetz dem Eigentum vorhergeht enthalten, sondern um dem entgegengesetzten Prinzip zur Hilfe zu eilen, das unter der Herrschaft der Protektionisten gefährdet worden ist, weil ich überzeugt war, dass die Grundeigentümer und die Kapitalisten selbst im Zoll den Keim zum Kommunismus gelegt haben, der sie jetzt erschreckt, denn sie verlangten von dem Gesetz  eine Vermehrung ihres Gewinns auf Kosten der Arbeiterklassen. Ich sah wohl, dass diese Klassen nicht zögern auch im Namen der Gleichheit Gesetzeshilfe zu fordern, um das Wohlstand anzugleichen, was genau der Kommunismus ist.

Lese man den ersten Artikel, der von unserer Vereinigung ausgegangen ist, das Programm, das in einer Vorbereitungssitzung, am 10. Mai 1846, herausgegeben wurde, man wird sehen, dass dies unser vorherrschender Gedanke war.

… Der Handel ist ein natürliches Recht wie das Eigentum. Jeder Bürger, der ein Produkt geschaffen oder erworben hat, muss die Wahl haben, es entweder sofort… zu seinem Gebrauch zu verwenden, oder es irgend jemand auf dem Erdboden abzutreten, der zustimmt, ihm dafür den Gegenstand seiner Wünsche im Tausch zu geben. Ihn dieser Fähigkeit zu berauben — wenn er davon … keinen Gebrauch macht, der der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten zuwider ist — nur um einen anderen Bürger zufrieden zu stellen, heißt einen… Raub zu legitimieren, heißt das Gesetz der Gerechtigkeit zu verletzen.

… Es heißt weiterhin, die Grundlagen der Ordnung zu verletzen. Denn welche Ordnung kann innerhalb einer Gesellschaft bestehen, wo jede Industrie mit Hilfe des Gesetzes und der … öffentlichen Gewalt, ihren Erfolg in der Unterdrückung aller anderen sucht?

Wir stellen die Frage so hoch über die der Zölle, dass wir hinzufügen:

Die Unterzeichnenden streiten der Gesellschaft nicht das Recht ab, auf die Waren, die die Grenze überschreiten, Zölle für öffentliche .. Ausgaben zu erheben, vorausgesetzt sie sind durch den Bedarf der Staatskasse begründet.

…Aber sobald der Zoll seinen fiskalen Charakter verliert und zum Ziel hat, das fremde Produkt zum Schaden des Fiskus selbst abzuweisen, um … künstlich den Preis eines ähnlichen nationalen Produktes zu heben und so die Gemeinschaft zum Nutzen einer Klasse zu schädigen, von diesem Augenblick an manifestiert sich die Protektion, oder eher der Raub, und DIES ist das Prinzip, das die Vereinigung in den Geistern auszumerzen und völlig aus unseren Gesetzen zu entfernen hofft.

Sicherlich, hätten wir nur eine unmittelbare Ermäßigung der Zölle angestrebt, wären wir die Agenten irgendwelcher wirtschaftlichen Interessen, wie man es behauptet hat, so hätten wir uns wohl gehütet, auf unsere Fahne ein Wort zu schreiben, das ein Prinzip enthält. Habe ich vielleicht nicht die Hindernisse vorausgesehen, die uns diese Kriegserklärung an die Ungerechtigkeit eingetragen hat? Habe ich nicht sehr wohl gewusst, dass wir, wenn wir das Ziel verschleiern und verbergen, die Hälfte unserer Gedanken verstecken, eher zu der einen oder anderen partiellen Eroberung kommen? Aber inwieweit hätten diese Triumphe, die im Übrigen Scheintriumphe sind, das große Prinzip des Eigentums freigelegt und beschützt, das wir selbst ins Dunkle und außer Betracht gestellt hätten?

Ich wiederhole: Wir fordern die Abschaffung der protektionistischen Herrschaft — nicht als eine gute Regierungsmaßnahme, sondern als Gerechtigkeit, als Verwirklichung der Freiheit, als strikte Konsequenz aus einem Recht, das höher steht als das Gesetz. Was wir im Grunde wollen, können wir nicht in der Form verbergen.

Die Zeit naht, in der man erkennen wird, dass wir zu Recht nicht übereingekommen sind, in den Namen unserer Vereinigung einen Köder, eine Falle, eine Überraschung , eine Doppeldeutigkeit zu legen, sondern vielmehr den ehrlichen Ausdruck eines ewigen Prinzips der Ordnung und der Gerechtigkeit, denn nur Prinzipien haben Macht, nur sie sind die Fackel der Intelligenzen, der Brennpunkt irregeleiteter Überzeugungen.

In letzter Zeit ist ein allgemeines Zittern, wie ein Schüttelfrost, durch ganz Frankreich gelaufen. Bei dem bloßen Wort Kommunismus sind alle in Unruhe geraten. Man sah am helllichten Tage und beinahe offiziell die merkwürdigsten Systeme entstehen, sah subversive Verordnungen sich gegenseitig ablösen, denen noch subversivere Dekrete folgen können, und jeder fragte sich, wohin wir gehen. Das Kapital ist in Schrecken versetzt, der Kredit hat sich verflüchtigt, die Arbeit wurde niedergelegt, die Säge und der Hammer haben mitten in ihrem Werk innegehalten, als hätte ein verhängnisvoller allgegenwärtiger elektrischer Schlag plötzlich alle Intelligenzen und alle Arme lahmgelegt. Und warum? Weil das Prinzip des Eigentums ­ bereits ernsthaft von der protektionistischen Herrschaft gefährdet ­ neue Stöße empfängt, Folgen des ersten; denn der Eingriff des Gesetzes in die Angelegenheiten der Industrie und als Mittel, Werte zu belasten und den Reichtum anzugleichen, ein Eingriff der sich zuerst als Protektionismus zeigte, droht sich unter tausend bekannten und unbekannten Formen zu manifestieren. Ja, ich sage es frei heraus, es sind die Grundeigentümer, die man für Eigentümer an sich hält, die das Prinzip des Eigentums erschüttert haben, denn sie haben das Gesetz angerufen, um ihren Ländereien und Produkten einen künstlichen Wert zu geben. Es sind die Kapitalisten, die die Idee der Angleichung des Vermögens durch das Gesetz nahegelegt haben. Der Protektionismus war Vorläufer des Kommunismus; ich sage noch mehr, er war seine erste Manifestation. Denn was fordern heute die notleidenden Klassen? Sie fordern nichts anderes, als was die Kapitalisten und Grundeigentümer gefordert und erhalten haben. Sie fordern den Eingriff des Gesetzes, um den Reichtum anzugleichen, zu belasten, gleich zu verteilen. Was sie über die Zölle erreicht haben, wollen jene durch andere Einrichtungen tun. Aber das Prinzip ist immer dasselbe, gesetzlich von den einen zu nehmen, um den anderen zu geben. Und da Sie es sind, Eigentümer und Kapitalisten, die dieses verhängnisvolle Prinzip eingesetzt haben, werden Sie doch sicherlich nicht schreien, wenn Unglücklichere als Sie solchen Vorteil fordern. Sie haben zumindest eine Rechtfertigung, die Sie nicht hatten.

Aber man öffnet endlich die Augen, man sieht in welchen Abgrund uns dieser erste Angriff gegen die wesentlichen Bedingungen jeder gesellschaftlichen Sicherheit stößt. Ist dies nicht eine schreckliche Lehre, ein deutlicher Beweis der Kette von Ursache und Wirkung, durch die sich auf die Dauer die gerechte Strafe der Vorsehung zeigt, die Reichen sich heute vor dem Eindringen einer falschen Lehre fürchten zu sehen, deren ungerechte Grundlagen sie selbst gelegt haben, und von der sie glaubten, die Folgen still zu ihrem alleinigen Nutzen wenden zu können? Ja, Prohibitionisten, Sie waren die Vorreiter des Kommunismus! Ja, Eigentümer, Sie haben in den Köpfen die wahre Anschauung vom Eigentum zerstört!

Diese Einsicht gibt die politische Ökonomie, und Sie haben die politische Ökonomie verschrieen, denn sie bekämpft im Namen des Eigentums Ihre ungerechten Privilegien. ­ Und als Sie die Macht ergriffen haben, was war auch der erste Gedanke der modernen Schulen, die Sie erschrecken? Er war, die politische Ökonomie zu unterdrücken, denn die ökonomische Wissenschaft ist ein beständiger Protest gegen die gesetzliche Angleichung, die Sie erstrebt haben, und die heute andere erstreben nach Ihrem Beispiel. Sie haben von dem Gesetz etwas anderes und mehr als man vom Gesetz fordern darf verlangt, etwas anderes und mehr als das Gesetz geben kann. Sie haben von ihm nicht Sicherheit verlangt (das wäre Ihr Recht gewesen), sondern den Mehrwert dessen, was Ihnen gehört, was nicht zugestanden werden kann, ohne die Rechte des anderen zu verletzen. Und jetzt ist der Wahnsinn Ihrer Ansprüche der allgemeine Wahnsinn geworden. ­ Und wenn Sie den Sturm beschwichtigen wollen, der Sie zu verschlingen droht, bleibt Ihnen nur eines: Erkennen Sie Ihren Irrtum, verzichten Sie auf Ihre Privilegien! Lassen Sie das Gesetz in seine Schranken zurückkehren! Beschränken Sie den Gesetzgeber auf seine Rolle! Sie haben uns im Stich gelassen, Sie haben uns angegriffen, weil Sie uns ohne Zweifel nicht verstanden haben. Im Angesicht des Abgrundes, den Sie mit eigener Hand geöffnet haben, beeilen Sie sich, sich mit uns zu vereinigen in unserer Propaganda für das Recht auf Eigentum. Dabei — ich wiederhole es — ist diesem Wort seine weiteste Bedeutung zu geben, es sind darunter die Fähigkeiten des Menschen zu verstehen und alles, was man mit ihnen produzieren kann, sei es durch Arbeit oder durch Tausch.

Die Lehre, die wir verteidigen, erregt ein gewisses Misstrauen. weil sie sehr einfach ist. Sie beschränkt sich darauf, von dem Gesetz SICHERHEIT für alle zu fordern. Man mag kaum glauben, dass der Mechanismus der Regierung darauf reduziert werden kann. Weiterhin wirft man dieser Lehre vor, die Brüderlichkeit auszuschließen, da sie das Gesetz auf die Grenzen der allgemeinen Gerechtigkeit beschränkt. Die politische Ökonomie lehnt diesen Angriff ab. Dies wird Gegenstand eines künftigen Artikels (*) sein.
 

(*) Gemeint ist der Artikel Brüderlichkeit und Gerechtigkeit,

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