Die englische und die deutsche Liga

Antwort an die Presse

Dezember 1845

Die englische Liga tritt für Freiheit ein, die Deutsche Liga für Regulierung. Kein Wunder, dass alle Pressesympathie der Deutschen Liga gilt.

Haben sich, so die Presse, die Staaten, die heute den Deutschen Verein bilden, zu dem System, das sie gemeinsam angenommen haben, Glück zu wünschen? … Wenn sich zeigt, dass Deutschland, ermutigt durch die bereits erzielten Erfolge, nur auf dem Weg, den es beschritten hat, fortfahren kann, dann beruht notwendig die Englische Liga auf großen Täuschungen …

Nun, betrachtet die fiskalischen Resultate. … Von Jahr zu Jahr zeigt sich Verbesserung in zweierlei Art: die Kosten nehmen ab, die Einnahmen nehmen zu; … der Großteil der Bevölkerung ist entlastet, … usw.

Die wirtschaftlichen Ergebnisse sind nicht weniger bedeutend. Großindustrien sind gegründet; zahlreiche Arbeitsmöglichkeiten wurden entsprechend den physischen und geistigen Möglichkeiten der armen Klassen geschaffen; große Verdienstmöglichkeiten haben sich aufgetan; die Bevölkerung hat zugenommen; der Wert des Grundeigentums ist gestiegen; usw.

Endlich zeigen sich die politischen Resultate den Augen aller, …usw.

Nach dieser Dithyrambe konnte der Schluss nicht zweifelhaft sein.

Die Gesamtheit der Errungenschaften beweist, dass die Idee des Zollvereins außerordentlich fruchtbar war; … dass die Konstellation der von dem Zollverein angesetzten Tarife für die Wohlstandsentwicklung günstig war.

Wir schließen daraus, dass die Prinzipien, welche bei der Errichtung des Zollvereins gewaltet haben, nicht leicht werden aufgegeben werden; dass sie im Gegenteil nur ansteckend auf die anderen Teile des Europäischen Kontinents wirken können, und dass folglich die Lehren der Englischen Liga Gefahr laufen, im intellektuellen Austausch, immer unüberwindbareren Hindernissen zu begegnen …

Wir machen darauf aufmerksam, dass die Presse unrecht hat, von der Idee des Zollvereins zu sprechen, denn der Zollverein beruht nicht bloß auf einer, sondern auf zwei Ideen, und weiter auf zwei sich widersprechenden Ideen: einer Idee der Freiheit und einer Idee der Beschränkung. Er hat den Verkehr der Deutschen mit den übrigen Menschen beschränkt, aber den Verkehr der Deutschen untereinander befreit. Er hat den großen Schlagbaum, welcher den Verein einschließt, erhöht, aber er hat die unzähligen Schlagbäume, welche jeden der Vereinigten umzäunten, eingerissen. Bei einem Staat nahmen beispielsweise die Verkehrshindernisse auf seiner südlichen Grenze zu, aber die Hindernisse auf seinen drei anderen Grenzen schwanden. Für die enklavierten Staaten hat sich der Kreis, in welchem sie sich frei bewegen können, bedeutend erweitert.

Der Zollverein hat also zwei diametral entgegengesetzte Prinzipien zur Anwendung gebracht. Nun ist es klar, dass Deutschland den Wohlstand, der daraus hervorgegangen ist, nicht den gleichzeitigen Wirkungen zweier Prinzipien, die sich widersprechen, zuschreiben kann. Ja, Deutschland hat sich positiv entwickelt; aber ist dies den verstärkten Schlagbäumen oder den niedergerissenen Schlagbäumen zu danken? Denn, wie stark auch immer die Zeitungen auf die Leichtgläubigkeit ihrer Abonnenten rechnen mögen, ich denke nicht, dass sie sie für dermaßen dumm halten, dass sie wagten, ihnen ins Gesicht zu sagen: dass ja und nein gleichzeitig wahr ist.

Da Deutschland zum Guten und zum Schlimmen gezogen war, so fragt es sich jetzt noch, ob, wenn das Gute überwog, dies der Abschaffung der besonderen Tarife oder der Erhöhung des allgemeinen Tarifs zu danken ist: Die Presse schreibt den ganzen Ruhm dem Prinzip der allgemeinen Beschränkung zu: in diesem Fall müsste sie der Konsequenz halber ergänzen, dass das Wohl durch die regionale Liberalisierung vermindert worden ist.

Wir allerdings glauben, dass Deutschland seine Fortschritte den Fesseln, von denen es befreit wurde, zu danken hat, und deshalb schließen wir, dass diese noch schneller gewesen wären, wenn sich dem Befreiungswerke kein restriktiver Gedanke beigemischt hätte.

Die Argumentation der Presse ist also nur ein verwirrter Trugschluss. Deutschland hatte beide Arme geknebelt; der Zollverein kam zustande und befreite den rechten Arm (den inneren Handel), und machte den linken Arm (den auswärtigen Handel) etwas fester; in dieser neuen Lage machte es einige Fortschritte. “ Seht Ihr sagt die Presse, es liegt also am Festmachen des linken Arms!“ Und warum zeigt sie uns nicht den rechten Arm?

Ist es verwunderlich, dass die Presse hier die Wirkungen von Freiheit und Monopol vermengt? Die Prinzipienlosigkeit, oder, was auf dasselbe hinausläuft, das Festhalten an mehreren Prinzipien, die sich ausschließen, scheint das entscheidende Merkmal dieses Blattes zu sein, und wahrscheinlich verdankt es dem teilweise seinen Ruf. In diesem skeptischen Jahrhundert ist nichts geeigneter, um sich einen Firnis von Mäßigung und Weisheit zu geben. „Seht die Presse, sagt man, sie bindet sich nicht an ein absolutes Prinzip, wie die Leute, welche sie Projektenmacher nennt; sie verteidigt Für und Wider, Freiheit und Beschränkung, je nachdem.“

Noch lange wird diese Taktik Aussicht auf Erfolg haben; denn wegen der widersprüchlichen Lehrmeinungen ist die Mehrheit zu glauben geneigt, dass Wahrheit nicht existiert. – Und dennoch existiert sie. Es ist ganz sicher, dass sie in Bezug auf den internationalen Handel lautet: Es ist besser, im Ausland zu kaufen, was selbst zu machen teurer ist. – Oder in dem: Es ist besser, Sachen selbst zu machen, wenn dies billiger ist, als sie im Ausland zu kaufen.

Nun redet die Presse unaufhörlich so, als wenn jeder dieser Sätze bald wahr, bald falsch wäre. Der Artikel, dem ich hier antworte, bietet ein merkwürdiges Beispiel dieser Kakophonie. 

Nachdem sie den Zollverein für die großen Resultate, die er durch die Beschränkung erreicht hat, beglückwünscht hat, tadelt sie ihn, dass er die Einfuhr des Zuckers beschränkt, und ihre Worte verdienen angeführt zu werden:

Darin lag ein großer Fehler des Zollvereins, dass er dem Rübenzucker eine so starke Ausbreitung zugestand … Wenn er der Versuchung, seinen Zucker selbst zu fabrizieren, nicht nachgegeben hätte, so hätte er mit dem Amerikanischen Kontinent und mit einem Teile Asiens sehr einträgliche Handelsverbindungen eingehen können. … Um sich diese einträglichen Verbindungen zu sichern, befand sich Deutschland in einer vortrefflichen Lage; es hatte das Glück, keine einzige Kolonie zu besitzen; folglich entging es der Notwendigkeit, Monopole zu schaffen. Es hatte die Freiheit, seinen Markt allen Ländern mit ungeheurer Zuckerproduktion, Brasilien, den Spanischen Kolonien, Indien, China, zu eröffnen; und Gott weiß, wieviele Produkte es als Gegenwert dieses exotischen Zuckers, den seine Bevölkerungen zu fabelhaft niedrigen Preisen hätte verbrauchen können, ausgeführt haben würde. Diese glänzende Aussicht hat es mit dem Tage verloren, wo es sich in den Kopf setzte, auf seinem eigenen Boden Rübenzucker zu anzubauen.

Gibt es in dieser Stelle in Argument, ein Wort, das nicht alle denkbaren Beschränkungen trifft, die zum Zweck haben, die Arbeit zu beschützen, die Schaffung neuer Industrien anzureizen; Beschränkungen, deren ansteckenden Einfluss auf den Kontinent zu befördern, der Hauptzweck des Artikels ist.

Nehmen wir die Metallindustrie in Frankreich: Ihr sagt: Deutschland hat einen großen Fehler gemacht, dass es dem Rübenzucker bei sich eine so große Ausbreitung gestattete.

Und ich sage: Frankreich hat einen großen Fehler gemacht, dass es der Eisenproduktion bei sich eine so große Ausbreitung gestattete.

Ihr sagt: Wenn Deutschland der Versuchung, seinen Zucker selbst zu fabrizieren, nicht nachgegeben hätte, so hätte es mit dem Amerikanischen Kontinent und einem Teile Asiens sehr einträgliche Handelsbeziehungen eingehen können.

Und ich sage: Wenn Frankreich der Versuchung, sein Eisen selbst zu fabrizieren, nicht nachgegeben hätte, so hätte es mit Spanien, England, Belgien, Schweden sehr einträgliche Handelsbeziehungen eingehen können.

Ihr sagt: Deutschland hatte die Freiheit, seinen Markt allen Ländern mit ungeheurer Zuckerproduktion zu eröffnen, und Gott weiß, wieviele Produkte es als Gegenwert dieses exotischen Zuckers, den seine Bevölkerung zu fabelhaft niedrigen Preisen verbraucht hätte, ausgeführt hätte.

Und ich sage:Frankreich hatte die Freiheit, seinen Markt allen Ländern mit ungeheurer Metallproduktion zu eröffnen, und Gott weiß, wieviele Produkte es als Gegenwert dieser exotischen Eisenwaren, die seine Bevölkerung zu fabelhaft niedrigen Preisen verbraucht hätte, ausgeführt hätte.

Ihr sagt: Diese glänzende Aussicht hat Deutschland mit dem Tag verloren, wo es sich in den Kopf setzte, auf seinem eigenen Boden Zucker zu machen.

Und ich sage: Diese glänzende Aussicht hat Frankreich mit dem Tag verloren, wo es sich in den Kopf setzte, alles Eisen, welches es bedarf, bei sich zu machen.

Oder wenn Ihr auf Eure Lieblingslehren zurückkommt und den Schutz, den Frankreich der Metallindustrie gewährt, rechtfertigen wollt, so werde ich Euch mit den Argumenten antworten, welche Ihr gegen den Schutz, den Deutschland der Zuckerindustrie gewährt, richtet.

Wenn Ihr sagt, dass die Eisenproduktion Arbeit für die französischen Arbeiter bereitstellt, so werde ich dasselbe von der Zuckerproduktion für die deutschen Arbeiter sagen.

Wenn Ihr sagt, dass die deutsche Arbeit bei der Einfuhr des exotischen Zuckers nichts verlieren würde, weil sie zur Schaffung eines Gegenwerts eingesetzt würde, so werde ich dasselbe von der französischen Arbeit bezüglich der Eiseneinfuhr sagen.

Wenn Ihr sagt, dass wenn die Engländer uns Eisen verkaufen, es nicht sicher ist; dass sie uns dagegen unsere Pariser Artikel und unsere Weine abnehmen, so werde ich Euch antworten, dass wenn die Brasilianer an die Deutschen Zucker verkaufen, es nicht sicher ist, dass sie Deutsche Produkte im Tausch erhalten.

Ihr seht also wohl, dass es eine Wahrheit, eine absolute Wahrheit, gibt, und dass, wie Pascal sagte, was jenseits des Rheins wahr ist, diesseits des Rheins nicht falsch sein kann.

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